Identität
Identität: völlige Übereinstimmung einer Person oder Sache mit dem, was sie ist oder als was sie bezeichnet wird…vollständige Übereinstimmung in allen Merkmalen…die in sich und in der Zeit als beständig erlebte Kontinuität und Gleichheit des Ich…Identitätsprinzip: ein Gegenstand, Begriff oder Sachverhalt ist in allen Zusammenhängen und unabhängig von allen Denkoperationen derselbe. Identitätsbewusstsein: die Fähigkeit, sich mit sich selbst zu identifizieren… Identifizierung: Gleichsetzung, Feststellung der Echtheit, der Identität… Identitätsphilosophie: philosophische Annahme, dass Geist und Materie nur zwei Aspekte ein und derselben Wirklichkeit sind.
Kunstwerke sind analytische Propositionen. Das besagt, dass sie – innerhalb ihres Zusammenhanges – keinerlei Informationen über irgendwelche Tatsachen liefern (1) / Ich selbst bin so erzogen, dass ich etwas Nützliches tun soll. Es war gar nicht vorgesehen, dass ich auf die Idee kommen könnte, Kunst zu machen (2)/ Künstler sind wie Forscher und Systemanalytiker, die sich für die weniger gut erklärbaren Formen des Lebens interessieren: Fragen über das Dasein und das „Warum“ der Macht, die Zerbrechlichkeit von Identität, das Zusammenstehen von Wesen und Dingen. Wenn sie wirkungsvoll kommuniziert werden, erlösen uns die künstlerischen Intuitionen von unserer Entfremdung, indem sie unsere Einzigartigkeit in der Leere in Erinnerung rufen (3)/Künstler fungieren ja allgemein als Indikator und Erinnerung daran, dass gewisse, von der Gesellschaft als selbstverständlich repräsentierte Dinge (Krankenversicherung, ein Dach über dem Kopf, eine eindeutige Identität) nicht selbstverständlich sind und mit einem kooptierbaren Handeln (sei es nun durch Anpassung, Kritik oder Widerstand) bezahlt werden müssen (4)/…glaube ich trotzdem, dass, wenn Sachen in unserem Leben richtig gemacht werden sollen, sie von uns selbst gemacht werden müssen (2)/ Das zentrale Problem für die Fotografie ist – einfach Inhalt. Eine Fotografie ist zunächst einmal über etwas (6)/ Zuerst fotografierte die Fotografie, um zu überraschen, das Bemerkenswerte, bald aber deklarierte sie, im Zuge einer bekannten Verkennung, das zum Bemerkenswerten, was sie fotografiert (5)/ in der tatsächlichen feministischen Kunstpraxis der siebziger Jahre spielte die Fotografie vielleicht eine relativ kleine Rolle, insofern als das Medium sekundär war, in Bezug auf die beliebtesten Praktiken dieser Periode: Performances und Video. Sowohl die konzeptuellen als auch die feministischen Kunstbewegungen basierten auf dem Verständnis, dass Realität, wie sie gegenwärtig konstruiert ist, nicht genug sei – ja sogar sich verändern müsse. Deshalb zwangen die Performancekünstler, die in den sechziger und siebziger Jahren die Fotografie als Dokumentation benutzten, die Kamera dazu, eine Realität festzuhalten, die sie selbst bewusst geschaffen hatten (7) /Auf dem Komplex Feminismus beriefen sich zahlreiche Künstlerinnen in den 70er Jahren auch deshalb, weil sie ihre vermeintlichen persönlichen Probleme als Auswirkungen von gesellschaftlichen Normen begriffen. Insbesondere für Künstlerinnen hat sich der biographische Ansatz als produktiv erwiesen. Eine Bestimmung ihrer jeweiligen sozialen Position ist schon deshalb nahe liegend, weil diese die Rezeption in demselben Maße prägt wie das künstlerische Angebot (4)/ Das Selbstbewusstsein der heutigen Künstlerinnengeneration ist da gefestigter. Der Betrachter kann etwas als Anklage oder Vorwurf empfinden, das ist egal, denn im Grunde wird einfach nur gezeigt, so ist die Welt, so nehme ich das wahr, das ist mir passiert und du kannst entscheiden, ob du das schlecht oder richtig findest (8)/ Heute arbeiten viele Künstlerinnen viel stärker auf sich selbst bezogen oder von sich selbst konkret ausgehend. Früher waren die Themenhorizonte viel kollektiver. Ich glaube, dieser Subjektivismus, dieses genaue Hinschauen auf sich selbst, auf die eigenen Wahrnehmungen ist kein Weglaufen vor der Welt, ich glaube, dieser Subjektivismus fragt einfach genauer, wie der einzelne betroffen ist (8)/ Es geht den meisten Künstlerinnen und Künstlern heute nicht mehr um die Wahrheit, sondern um Wahrnehmung. Das klingt zwar bescheiden, aber erstens ist die Gefahr der ideologisch unverbindlichen Besserwisserei geringer, und zweitens ist es heute in unserer informations- und bildüberfrachteten Umwelt ja auch viel schwerer geworden, überhaupt irgendetwas wahrzunehmen (9).
Eine Lesung mit Zitaten aus Texten von Joseph Kosuth (1), Jenny Holzer (2), Jeff Rian (3), Isabell Graw (4), Roland Barthes (5), Hripsimè Visser (6) Laura Cottingham (7), Ingvild Goetz (8), Mathias Winzen (9) aufgeführt anlässlich der Ausstellung „Identität: weiblich“, 2005